Zukunftsfähige Bauberatung im Baubüro Herrenberg.

Das Baubüro in Herrenberg wollte – und musste – sich verändern. Die Dauer der Bauantragsverfahren war deutlich zu lang, der Unmut bei Kund*innen groß, im Baurechtsamt herrschte Unzufriedenheit: Bauberatung und Baugenehmigung konnten nur gekoppelt von Bauverständigen vorgenommen werden, die zeitliche Belastung war aufgrund der vielen Anfragen und der heute gängigen Forderung nach individueller Beratung enorm. Die sonstigen Mitarbeitenden des Amts waren gefrustet, da sie zwar bereits informell Teile der Beratungsleistung erbrachten, letztlich aber aufgrund der TVöD-Eingruppierung weder den Lohn dafür erhielten, noch selbst Verantwortung übernehmen konnten.

Durch einen ganzheitlichen Ansatz mit digitaler Unterstützung wurde der gesamte Prozess optimiert. Lokale Bauherr*innen und Architekt*innen, sowie Vertreter*innen anderer Baurechtsämter wurden eingeladen, ihre Erwartungen und Sichtweisen in die Prozesse einzubringen. Diese Erkenntnisse waren zentraler Bestandteil der Soll-Prozess-Modellierung und durch das mehrmalige Mystery-Shopping der Studierenden als Bauherr*innen, konnten Einblicke bei anderen Kommunen gewonnen werden.

Methodisch wurde das neue Konzept dabei mit Design-Thinking-Methoden (wie Lego-Serious-Play) sowie Personas durch die Studierenden entwickelt. An zwei Workshop Tagen wurde sich im Rahmen typischer Stellvertreter-Rollen (z. B. der gestresste Unternehmer, die alleinerziehende Mutter mit wenig Zeit, das junge Paar, das nichts von Baurecht weiß etc.) mit deren Bedürfnissen innerhalb des Baugenehmigungsverfahrens auseinandergesetzt.

Elektronische Aktenführung, Homepage-Relaunch, neue Raumgestaltung sowie digitale Kommunikationskanäle und PE sind Teile davon. Erstanfragen werden nun überwiegend direkt und sofort in der Erstberatung beantwortet. Bauherren und –frauen, sowie Architekten erhalten direkt Feedback, die Bearbeitung der Anträge geht schneller, gesetzl. Fristen werden unterschritten, der Service hat sich deutlich verbessert. Die Bauverständigen wurden stark entlastet; die Mitarbeiter*innen des Baurechtsamts konnten fachlich und persönlich wachsen.

Alle bauwilligen Bürger*innen Herrenbergs profitieren von dem Projekt. Das neue System bietet, dank gezielt eingesetzter Digitalisierungsaspekte, u.a. eine neu gestaltete Beratungstheke und zwischenzeitlich auch einen Online-Chat-bot und Videokonferenz. So erhalten die Bürger* eine zügige Beantwortung ihrer Anliegen – auch von Zuhause oder unterwegs aus.

Es ist eine immense Zufriedenheit bei Bürger*innen, der Stadtverwaltung und der Personalentwicklung entstanden, die enorme Motivation bei den Mitarbeitenden ausgelöst und andere Bereiche ansteckt hat. Das spürt man jeden Tag.

 

 

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Initiierende Stelle:
Projektteam Servicebüro Bauen, Stadtverwaltung Herrenberg, Franziska Bihler


Umgesetzt für:
Herrenberg


Ebene:
Kommune


Team:

Hauptamtsleitung
Organisations- und Personalentwicklungsbegleitung, Ist-Prozesserhebung 

Das Team des Baurechtsamts, alle Mitarbeiter* (8)
Darstellung der Sach- und Problemlage; Mitarbeit in den Workshops; Besuch in und Zusammenarbeit mit anderen Kommunen zur Erarbeitung des Soll-Prozesses; Umsetzung

 IAO Frauenhofer Institut Stuttgart
Inspiration für die räumliche Gestaltung 

HöVF Ludwigsburg mit Frau Prof. Dr. Schenk sowie Studierenden
Mystery-Shopping, Prozessbegleitung, Soll-Prozessdefinition, Handlungsempfehlungen, Personaerstellung, Innovationstreiber

 Bauherren und Architekten
Soll-Prozesse-Modellierung 

Universität Zürich
Inhaltliche Begleitung und Prozessdesign, Durchführung Design-Thinking WS und Lego Serius Play

 Abteilung Organisation- und Digitales
Technische Umsetzung 

Pressesprecherin
Konzeption und Beratung Homepageumsetzung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit      

 

Beteiligte Disziplinen
Hauptamt (Organisation und Digitales)

Abteilung Organisation- und Digitales

Abteilung Baurecht

Design/Service-Design

Prozessgestaltung

Organisationsentwicklung

Bauherren und Architekten

Dauer
18 Monate

In Summe wurden 400 Arbeitsstunden benötigt (hiervon ausgenommen der Zeitanteil der Hochschule und der dortigen Studierenden).

Budget
(Personalkosten eigener Mitarbeiter nicht eingerechnet)

15.000 Euro

 

 

Nachgefragt bei Franziska Bihler


Wie stellen Sie ihr (erlerntes) Wissen zu Innovationsprozessen
anderen zur Verfügung?
Indem wir anderen Behörden auf Nachfrage hierüber berichten und diese ggf. in unsere Räumlichkeiten einladen, außerdem unsere Prozesse und Strukturen hausintern im Intranet zur Verfügung stellen.

Im Rahmen von „Sprengl“-Veranstaltungen berichten wir über die aktuellen Entwicklungen, tauschen uns aus und vergleichen unsere Erfahrungen.
Wir bespielen die sozialen Medien und informieren die Bürger*innen über klassische lokale Medien per Zeitungsartikel.

 

Was war die größte (unerwartete) Herausforderung?
Dass die Zeitschiene, auch wenn Sie zunächst recht großzügig bemessen war, in Summe hätte nicht kürzer angesetzt werden dürfen.

 

Welchen Vorgang gehen Sie als nächstes an?
Die Abwicklung sämtlicher Verfahren in komplett digitaler Form und die Digitalisierung unserer Altakten.

 

Was würden Sie anderen Behörden raten, die sich aufmachen einen ähnlichen Prozess wie Sie anzugehen?
Sämtliche Mitarbeiter*innen von Anfang an aktiv miteinzubeziehen. Das gemeinsame Rollenverständnis jedes Einzelnen muss festlgelegt und transparent kommuniziert werden.

 

Was genau hat sich in der Zusammenarbeit geändert?
Das Team ist mehr denn je offen für Veränderungsprozesse, was sich im Alltag mitunter in der Begeisterungsfähigkeit für neue Themen deutlich zeigt.

 

Glauben Sie, dass das gleiche oder ein ähnliches Ergebnis mit anderen Mitteln hätte erreicht werden können? Mit welchen?
Nein, gerade durch die unterschiedlichen Sichtweisen im Team (neue und ältere Mitarbeiter/innen) hat man an so unterschiedliche und historisch gewachsene Besonderheiten berücksichtigt, die sich anders sicherlich nicht hätten einfangen lassen. Die Stärke dieses Projekt hatte es nur, weil es aus dem Team kam. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass das die nachhaltigste Vorgehensweise war und auch nach wie vor ist.

 

Was genau hat den Anstoß zur Umsetzung gegeben?
Eine neue Abteilungsstruktur und der Wechsel von Mitarbeiter*innen.

 

Welche neuen Kompetenzen wurden eventuell erlernt und welche neuen Kompetenzen benötigt „Verwaltung“ in der Zukunft?
Die Bereitschaft zur Veränderung sowie die Offenheit und Neugierde auf Neues wurden gestärkt und werden seither wesentlich aktiver gelebt. Parallel hierzu ist ebenso das Bewusstsein für einen strategischen Weitblick geschärft worden.

 
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